Praxisoptimierung: Mensch ärgere dich nicht – die Wut rauslassen?
So. Es ist ja gerade die Zeit der Liebe und des Friedens – oder sollte es zumindest sein. Dennoch gibt es immer wieder Dinge, die uns wütend machen – richtig wütend. Das kann der dritte Patient in Folge sein, der sich über die angebliche Abzocke eines jeden Arztes oder Zahnarztes lauthals aufregt. Die Azubine, die es einfach nicht schafft ihre Aufgabenstellung nach der hundertsten Erklärung erfolgreich zu erledigen. Die EDV, die seit Wochen wieder spinnt. Die Hotline, die einem am Telefon mal wieder das Gefühl gibt als Anwender aber auch so was von blöd zu sein …. to be continued.
Was jetzt? Brüllend durch die Praxis laufen? Das Pyramiden-Modell anwenden? Von oben nach unten tretend bis zum Praxishund? Schließlich ist man im Recht. Man kann sich doch nicht alles gefallen lassen. Außerdem hat informierter Mensch ja schon irgendwo gehört, dass man Wut raus lassen soll. Gut, wenn man einen Boxsack sein eigen nennen kann. Aber hilft das wirklich? Hm … Es gibt Kardiologen, die in Studien wohl beweisen konnten, dass zu viele Wutausbrüche eher unser Leben verkürzen können.
Nun gibt doch tatsächlich den Begriff des Wutmanagements – aha. Wie soll ich denn Wut managen? Unbestreitbar ist, dass Wut auf jeden Fall ein toller Motor zu Veränderungen sein kann. Also doch wild und ausdauernd brüllen? Cool – Pling, und jetzt ist die Veränderung aber so was von dran. Hm … nicht unbedingt.
Ist Ihnen einmal aufgefallen, wie lange wir wütend sein können, dadurch dass wir unsere Wut rauslassen? An zig Stellen bei zig Personen? Da kann man ja nicht zur Ruhe kommen, geschweige denn Veränderungsmaßnahmen in die Wege leiten – WENN ES DENN WELCHE GIBT! Der Spruch „Ärgere dich nur über das, was du auch ändern kannst“ hat durchaus seine Daseinsberechtigung.
Also gehen wir es mal anders herum an. Was passiert eigentlich, wenn wir uns ärgern? Was löst genau Wut aus?
Eigentlich immer das gleiche: Worte oder Verhalten verletzen uns, wir fühlen uns persönlich angegriffen oder respektlos behandelt, nicht ernst genommen oder für dumm oder unfähig hingestellt. Ergo – unser Selbstwertgefühl wurde verletzt. Psychologen sind sich einig, dass so etwas nur passiert, wenn unser Selbstwertgefühl sowieso schon einen Knacks hat, man selbst nicht ganz so viel von sich hält. Autsch. Könnte aber passen. Ich will hier nicht weiter auf dieses Thema eingehen – es steht Ihnen frei, sich selbst ehrlich auf den Grund zu gehen. Wichtiger ist es jetzt zu überlegen, was man im Falle eines Wutanfalles – okay, auch Wutgefühl ohne Anfall geht – tun kann:
- Gelassenheit üben – die Welt wird nicht besser, wenn wir uns ärgern
- Die Reaktionen anderer nicht persönlich nehmen – das Verhalten derer kann viele Ursachen haben
• sie wissen/können es nicht besser
• haben Angst ihr Gesicht zu verlieren
• wollen einfach nur beachtet werden
• sind gedankenlos
• haben Probleme
• sind mit der Arbeit unzufrieden
• oder es ist ihnen sonst eine Laus über die Leber gelaufen
Es sind deren Erwartungen, Erfahrungen, Ansichten oder Verdruss, nicht unsere - Nicht unmittelbar ansprechen bei starken Wutausbrüchen – ein starkes Donnerwetter ist Zeichen dafür, wie getroffen wir uns fühlen. Rausgehen, kurz murmurierend abreagieren oder wer will, aufschreiben, was so wütend macht.
- Bei leichten Wutausbrüchen die Person darauf ansprechen – „Ich habe erwartet, dass …“, „Ich habe mir …. vorgestellt“ o.ä. Nicht beschuldigen, abwerten – das produziert nur einen Gegenangriff. Absolut nicht zielorientiert dann.
- Auf jeden Fall Sport betreiben – um das angesammelte Adrenalin auch wieder abzubauen
Oder nehmen wir es doch einfach so, wie Joachim Ringelnatz es ausgedrückt hat:
Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt