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Personal – Praxisdünger oder Sand im Getriebe (Teil 3)

#diepraxisnanny

Das Bewerbungsgespräch

(Teil 3 einer vierteiligen Serie rund um Personalakquise)
(erschienen in NZB 3/2014, S. 35 ff., Autorinnen: Diana Bernardi und Rechtsanwältin Melanie Neumann: Personalsuche Teil 3 aus NZB_03_2014)

Wie süss ist alles erste Kennenlernen! Du lebst so lange nur, als du entdeckst.
                        (Christian Morgenstern)

Jedes Date braucht gute Vorbereitung

So ist es immer. Auch bei Bewerbungsgesprächen. Und es gilt sowohl für den Bewerber als auch den Praxisinhaber oder seine Kollegin.

Sie haben sich schon Notizen gemacht zu den einzelnen Bewerber/innen?

Wir hatten Ihnen ja bei den Stellenausschreibungen geraten, sich im Vorfeld schon Gedanken dazu zu machen, über welche Fähigkeiten und Talente das neue Teammitglied verfügen soll. Und Sie haben eine Vorauswahl getroffen bezüglich der Qualifikationen, welche die zu besetzende Stelle voraussetzt.

Wir gehen davon aus, dass Sie einen Stärken orientierten Führungsstil bevorzugen, dem in Deutschland leider immer noch zu wenig Beachtung geschenkt wird. Deshalb werden Sie sich auch bei dem Bewerbungsgespräch darum bemühen, die Stärken der Kandidaten herauszufiltern. Dazu benötigen Sie eine Portion Empathie und Beobachtungsgabe. Polieren Sie Ihren Wahrnehmungsfilter. Beschäftigen Sie sich ein klein wenig mit der Persönlichkeitspsychologie über das BigFive bzw. Fünf-Faktoren-Modell (entwickelt schon in den 30ern, als Test ausgearbeitet von den Herren Costa und McCrea), welches als Basis für das Team Management System TMS® von Prof. Dr. Charles Margerison und Dr. Dick McCann diente. Und natürlich einen kleinen Fragenkatalog. Aber dazu später im Text.

Stärke = Talent + Wissen + Können

Beginnen wir mit dem Aufhübschen. Sie als Arbeitgeber/in setzen bei einem Bewerbungsgespräch ein adrettes Erscheinungsbild voraus. Gilt das nicht auch für Sie? Nein, wir meinen damit nicht Abendgarderobe oder Businesskleidung im großen Stil. Wir meinen damit den Praxiseindruck. Dass Sie nicht in verlotterten oder verschmutzten Arbeitsklamotten rumlaufen, versteht sich von selbst. Dazu gehört aber auch ein offenes und freundliches Lächeln aller Teammitglieder für den Bewerber/die Bewerberin. Stellen Sie auch die Praxisräumlichkeiten ins rechte Licht: Aufgeräumt und freundlich macht sich immer gut. Der Schreibtisch im Büro sollte frei von Patientenakten oder sonstigem Papier sein (auch des Datenschutzes wegen!) Das positive Erscheinungsbild runden kleine Getränke auf dem Tisch ab.  So, jetzt kann es losgehen. Legen Sie sich Ihren kleinen Fragenkatalog bereit, an dem Sie sich entlanghangeln können. Passen Sie die Fragestellung immer individuell an. Bedenken Sie, dass viele typische Bewerbungsfragen, von Personalern aufgestellt, im Internet verbreitet und auch schon mit den dazu gehörenden Antworten zu finden sind.

Und nun eine kleine Geschichte – Die Handlung und die handelnden Personen sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit dem alltäglichen Procedere ist nicht beabsichtigt und wäre rein zufällig.

Real oder fiktiv?

Aus kriegspsychologischer Sicht beginnt das Gespräch „vorbildlich“: Ein Triumvirat und die sich bewerbende Person um einen so großen Konferenztisch, dass man ein Opernglas braucht, um die Augenfarbe erkennen zu können. Auf der einen Breitseite der Praxisinhaber mit einem seiner Kollegen an der Flanke. Neben der Bewerberin der Dritte aus der Runde. Einkesseln heißt diese Kriegstaktik. Bei anfänglichem Small Talk werden die ersten subtilen Fragen gestellt: „Na, haben Sie die Kinder gut untergebracht?“ und „Wie alt sind die Kleinen noch einmal?“ „Da hilft der Papa bestimmt mit, wenn die Mama jetzt wieder arbeiten geht“. Es kommt schnell zu einer „vertrauensvollen“ Atmosphäre. Man konzentriert sich nun ganz auf die Bewerbermappe, geht zunächst noch einmal zusammenfassend auf die ausgeschriebene Stelle ein. Dann geht es los – gut eingebettet ein Fragenkatalog, der im Netz zu finden ist. Per se nicht schlecht.  Aber …

An dieser Stelle möchte ich noch einmal kurz darauf hinweisen, dass in besagtem Artikel auch bei jeder Frage die falsche und die richtige Antwort benannt wurde. Sozusagen als Training für die Bewerberseite.

Während Bewerberin mit taktischem Beantworten der auch ihr bekannten Fragen beschäftigt ist, traktiert das Triumvirat diese mit Fragen, die mit einem kleinen Augenzwinkern und einem Lachen begleitet werden. So zum Beispiel: „Wir wissen ja, dass man eigentlich solche Fragen nicht stellen darf, aber das ist bei uns wie in einer kleinen Familie – Sie sind schon mit der Familienplanung in den nächsten 1-2 Jahren beschäftigt, oder? Wäre ja auch genau der richtige Zeitpunkt – in Ihrem Alter“. Oder „Ein ganz schöner Krampf, den sich unsere Regierung da die letzten Monate abgehalten hat nach den Wahlen, gell? Welche Parteien hätten Sie sich denn als Sieger gewünscht?“

Wie geht es denn Frau Neumann, wenn Sie solch eine Niederschrift liest?

Da stehen mir die Haare zu Berge. Denn leider ist ein solches Vorgehen häufiger als Sie vielleicht denken. Dabei sollte sich jeder Arbeitgeber bewusst sein, dass auch er in einem Vorstellungsgespräch viel zu verlieren hat. Abgesehen davon, dass jeder Bewerber die potentielle perfekte Ergänzung für das bereits vorhandene Praxisteam sein könnte, so dass ein eher partnerschaftliches Verhalten vom Arbeitgeber zu erwarten wäre, zeigt es jedem Bewerber, der sich auch nur ein bisschen über Bewerbungsgespräche informiert hat, dass in dieser Praxis die Arbeitnehmerrechte mit Füßen getreten werden. So manche(r) wird daher über eine Absage gar nicht böse sein, aber mit Sicherheit nichts Positives über die Praxis erzählen. Somit ist möglicherweise nicht nur ein guter Praxismitarbeiter verloren, sondern vielleicht auch noch einige Patienten. Wichtig ist daher, dass Sie als Verantwortlicher eines Vorstellungsgesprächs einen durchweg positiven Eindruck der Praxis vermitteln.

Welche Fehler sollten Sie also vermeiden?

Zunächst sollten Sie sich bewusst sein, dass in einem Vorstellungsgespräch stets ein unvermeidbares Machtgefälle besteht. Dem Bewerber wird dies noch viel bewusster sein als Ihnen selbst, vor allem dann, wenn er oder sie diese Stelle unbedingt möchte, sei es, weil er oder sie dringend Arbeit benötigt oder weil es sich bei der von Ihnen angebotenen Stelle tatsächlich um den Traumjob des Bewerbers handelt. Ein gewisses Maß an Nervosität ist daher unvermeidbar, so dass Sie versuchen sollten, zunächst eine etwas neutralere Stimmung zu schaffen. Dies funktioniert am besten, wenn Sie den Bewerber zunächst erzählen lassen und aktiv zuhören. Werden Sie bei den Fragen aber nicht zu persönlich. Schließlich sitzen Sie nicht beim Kaffeekränzchen, sondern in einem Bewerbungsgespräch. Die Fragen, die Sie stellen, sollten sich – abgesehen vom Smalltalk ganz zu Beginn – stets aus den Bewerbungsunterlagen ergeben und müssen sich rein auf die berufliche Qualifikation beziehen, mit besonderem Augenmerk auf die Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle. Unzulässig sind hierbei alle Fragen, die mit unzulässigen Kriterien in Zusammenhang stehen. Gemeint sind damit Fragen, die auf eine Ungleichbehandlung nach dem AGG schließen lassen (z.B. Fragen nach dem Alter, einer Behinderung oder einem Schwerbehindertenausweis, der religiösen oder politischen Gesinnung der sich bewerbenden Person), aber auch Fragen nach einer gewerkschaftlichen Betätigung, dem früheren Gehalt, der Familienplanung oder gar einer Schwangerschaft. Unzulässige Fragen dürfen unwahr beantwortet werden, daher werden Sie solche Fragen in den wenigsten Fällen der Wahrheit (= entspricht der Bewerber Ihren Vorstellungen?) näher bringen. Außerdem laufen Sie, sollten Sie auch nur eine unzulässige Frage stellen, Gefahr, dass Sie der oder die Bewerber/in auf Schadenersatz wegen Ungleichberechtigung verklagt. Vor Gericht wird bei einer unzulässigen Frage stets vermutet, dass tatsächlich eine Ungleichbehandlung stattfand. Als Arbeitgeber müssten Sie dann beweisen, dass dies nicht so war. Was uns wieder zu einem teils „roten Tuch“ in Arztpraxen führt, nämlich dem Stichwort „umfassende Dokumentation“.

Dokumentieren Sie jeden Bewerbungsvorgang möglichst genau! Führen Sie Bewerbungsgespräche immer zu zweit, so dass Sie einen Zeugen für den tatsächlichen Ablauf des Gesprächs anführen können. Machen Sie sich während des Gesprächs Notizen zu den Fragen und Antworten des Kandidaten. Halten Sie sich möglichst an einen im Vorfeld abgestimmten und bei allen Bewerbern verwendeten Katalog mit (selbstverständlich nur zulässigen) Fragen. Dies ist bereits ein Indiz dafür, dass alle Bewerber gleich behandelt wurden. Bewahren Sie die gesamte Bewerbungsdokumentation (Bewerbungsunterlagen in Kopie, interne Überlegungen und Auswahlentscheidungen, Notizen zum Bewerbungsgespräch, sämtlichen Schriftwechsel) mindestens 3 Monate auf, denn Bewerber können bis 2 Monate nach Erhalt einer Absage noch Ansprüche wegen einer Benachteiligung im Bewerbungsverfahren geltend machen (und haben hinterher noch weitere 3 Monate Zeit, um Klage einzureichen). Um den Fristbeginn feststellen zu können, müssten Sie Absagen eigentlich per Einschreiben zustellen, um den Zugang beim Bewerber nachweisen zu können. Da dies jedoch mit erheblichen Kosten verbunden ist, ist dies selten ein praktikabler Weg. Dokumentieren Sie daher exakt, wann und durch welchen Mitarbeiter die Absage versandt wurde.

Nun aber zurück zum Bewerbungsgespräch, denn Sie wollen es ja richtig machen, damit es gleich gar nicht zu einer solchen Situation kommt.

Entdecken schon beim Kennenlernen, aber wie?

Es wird Personalern und Arbeitgebern oft empfohlen mit einer ausgefeilten – speziell auf dieses Thema angepassten – Rhetorik zu arbeiten. So ist zum Beispiel die doppelte Verneinung ein gerne genutztes Mittel: „Sie sehen so aus, als seien sie nicht so unflexibel, oder etwa doch?“ Andere empfehlen gar Kenntnisse und Methoden aus NLP (Neurolinguistische Programmierung).

Ich möchte Sie darin bestätigen, sich auf ihre Beobachtungsgabe, ihre emphatischen Fähigkeiten und (angelesenen) psychologischen – und meines Erachtens logischen – Grundlagen zu verlassen. Auch während eines Bewerbungsgesprächs immer den Blickwinkel zu ändern. Gehen Sie auf Ihr Gegenüber ein. Und denken Sie daran, es gibt keine eierlegende Wollmilchsau. Und schon gar nicht so viele, dass daraus IHR Team gebildet werden könnte. Das Beruhigendste allerdings ist – Sie brauchen keine!

Gehen Sie mit mir d´accord, dass jeder Mensch seine Persönlichkeit und Wesenszüge mit in seinen Job bringt?
Dass ein Mensch, der Tätigkeiten gemäß seinen ureigenen Talenten, Fähigkeiten und Werten ausübt und ausüben soll, diese mit einer enormen Freude und Tatkraft untermalt?Dass die Eigenmotivation schon so hoch ist, dass die Außenmotivation nur noch das i-Tüpfelchen ist?
Dass solch ein hohes Maß an Erfüllung als Ausgleich dienen kann gegenüber bekannten Schwächen, die dann nicht mehr die Oberhand im Leben, und somit auch im Job gewinnen? Die Schwächen sukzessive ausgebügelt werden können? Dass ein Mensch, der mit Begeisterung etwas tut, auch seine Umgebung mitreißen kann? Dass ein geschickt zusammengestellter Mix aus unterschiedlichen Charakteren ein Hochleistungsteam ergeben kann?

Typische Fragen, wie nachfolgend aufgeführte, gehen schon etwas in die richtige Richtung. Allerdings rutscht man auch mit einigen sofort in die Defizit-Ecke:

  • „Was können Sie über sich erzählen?“
  • „Welche 3 Stärken zeichnen Sie aus“
  • „Welche 3 Schwächen können Sie bei sich fest-stellen?“
  • „Wie würden Ihre Freunde Sie bezeichnen?“
  • „Wieso haben Sie sich für diese Ausbildung/diesen Beruf entschieden?“
  • „Wieso haben Sie im Fach X solche schlechten Zensuren enthalten“
  • „Was haben Sie im Zeitraum … und … getan“?
  • „Wieso sollten wir gerade Ihnen diese Stelle geben?“
  • „Wie stehen Sie zu folgendem Punkt?“ (abgezielt auf das Zeitgeschehen)

Haben Sie gewusst, dass die meisten Menschen, und somit natürlich auch Ihre potentiellen als auch bestehenden Mitarbeiter(innen), meist nur ihre Schwächen kennen? Neigen Sie selbst nicht auch manchmal dazu?

Haben Sie sich einmal gefragt, warum das überhaupt so ist? Es liegt wohl daran, dass wir unsere Schwächen meist mit stark einhergehenden negativen Gefühlen wahrnehmen. Sie werden regelrecht im emotionalen Langzeitgedächtnis eingebrannt. Defizite führen oftmals zu peinlichen Situationen, die ein starkes Schamgefühl zur Folge haben. So etwas vergisst man nicht so schnell wieder. Aber wann wird man denn wirklich für seine Stärken – und wie oft – gelobt? Und jetzt bohren Sie während eines Bewerbungsgespräches auch noch in diesen Wunden.

„Ein Talent ist ein Wahrnehmungs-, Denk- und/oder Verhaltensmuster, das dauernd wiederholt wird und produktiv eingesetzt werden kann, um ein Ziel zu erreichen“

Gehen wir von der These aus, jeder Mensch hat produktiv einsetzbare Muster. Mit Muster ist hier ein Talent gemeint. Für jedes Talent gibt es passende Aufgaben (z. B. „Kontaktfähigkeit“ -> Person nimmt vorrangig die positiven Dinge am Gegenüber wahr -> freundliche Ansprache. „Umsetzungsorientierung“ -> mit Problemen wird schnell und lösungsorientiert umgegangen, lange Diskussionen darüber machen ungeduldig, vorrangig ist Pragmatismus angesagt. Motto: Handeln statt Reden)

Und machen Sie sich klar, für viele Berufe braucht man nicht ein einzelnes, entscheidendes Talent. Das Nutzen mehrerer ist das Salz in der Suppe.

Aber nur Talent nützt noch nichts. Es braucht Wissen. Denn nur mit Wissen kann sich ein Talent entfalten. Fachkenntnisse ergänzen ein Talent. Eine Stuhlassistenz, die das Talent besitzt, vorausschauend zu denken, nützt profundes zahnmedizinisches Wissen, um die Zusammenhänge schnell zu erfassen. Damit geht sie Ihnen bestens zur Hand. Ist sie auch noch geschickt, ist sie perfekt!

Und damit kommen wir zum dritten und letzten Teilpunkt, der zusammen mit Talent und Wissen eine Stärke definiert: das Können, eine durch Übung erworbene Erfahrung. Ich glaube, das weiter auszuführen ist nicht notwendig. Was das bedeutet, weiß jeder von uns.

An dieser Stelle möchte ich Frau Neumann dazu befragen, ob es rechtens ist, im laufenden Bewerbungsverfahren den Kandidaten Fragebögen zukommen zu lassen, damit sich diese in Ruhe mit ihren Stärken und Potentialen auseinander setzen können. Oder es besser ist, alles in der Praxis zu belassen. Zum Beispiel alle Bewerber auf einmal einbestellen, um solche Fragen innerhalb einer bestimmten Zeit beantworten zu lassen, aber auch einen Eignungstest durchzuführen. Wobei ich persönlich einem Eignungstest mit Fragen wie bei einer allgemeinen Schulabschlussprüfung in Mathe, Deutsch und Politik als nicht zielführend für eine Zahnarztpraxis halte.

Eignungstests, egal ob schriftlich oder mündlich, unterliegen den Vorgaben des AGG. Persönlichkeitsrechte der Bewerber dürfen ebenfalls nicht verletzt werden (z.B. durch Psycho-Fragen wie „Zweifeln Sie oft an sich?“ – „Haben Sie viele Freunde? Warum nicht?“ oder Unverschämtheiten wie „Wenn ich mir Ihre Figur so ansehe, habe ich Zweifel, ob Sie wirklich diszipliniert sind.“). Legen Sie also Wert auf Qualitätsstandards, z.B. auf eigens von Psychologen entwickelte Eignungstests die der DIN 33430 – Richtlinien zu den Anforderungen an Verfahren und deren Einsatz bei berufsbezogenen Eignungsbeurteilungen entsprechen. Im Falle von unzulässigem Verhalten des potentiellen Arbeitgebers haben Bewerber auch hier das Recht zur Notlüge.

Zielführendes Bewerbungsgespräch

Nehmen Sie sich für jeden Bewerber ca. 1 Stunde Zeit. Gehen Sie auf die Person offen und mit einem Lächeln im Gesicht zu. Haben Sie gewusst, dass Menschen unbewusst meist spiegeln, was ihnen entgegengebracht wird? Wenn Sie lachen, wird Ihnen in den seltensten Fällen ein schlecht gelauntes Brummen entgegen kommen. Denken Sie daran, Ihr Gegenüber ist aufgeregt und vielleicht auch ängstlich. Natürlich wird es das nicht zugeben wollen.
Zeigen Sie vielleicht im Vorbeigehen kurz die Praxis, bieten Sie etwas zu trinken an, fragen Sie, ob der Weg in die Praxis gut gefunden wurde, ein wenig Small Talk eben zur Auflockerung. Geben Sie dem Bewerber einen Überblick über die Dauer und den  geplanten Ablauf des Gesprächs. Stellen Sie ihr eigenes Unternehmen vor. Sprechen Sie über Ziele und geben Sie dem Bewerber einen Ausblick auf das konkrete Arbeitsumfeld, welches ihn erwartet. Vergessen Sie an dieser Stelle nicht, ihrer Verpflichtung nachzukommen, über eventuelle mögliche Gesundheitsbelastungen im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit oder überdurchschnittliche Anforderungen hinzuweisen.

Stimmt, Frau Bernardi. Der potentielle Arbeitgeber darf nämlich im Bewerbungsgespräch keinerlei irreführende Angaben machen (also beispielsweise nicht vorspiegeln, dass dem Bewerber die Stelle bereits sicher wäre) und ist verpflichtet, sämtliche für den Bewerber und dessen Entscheidung für oder wider das Unternehmen relevanten Informationen, wie z.B. eine in Kürze anstehende Verlegung des Betriebs, anstehende Umstrukturierungen (das Ausscheiden eines Partners, die Zusammenlegung mit einem anderen Betrieb etc.) offenzulegen. Hinsichtlich solcher Betriebsinterna unterliegt der Bewerber übrigens bereits vorvertraglich der Verschwiegenheitspflicht. Das Argument, dass Sie Angst hatten, Betriebsinterna preiszugeben, zieht daher im Streitfalle nicht.

Stellen Sie auch die persönlichen Aufstiegschancen innerhalb des Unternehmens und mögliche Weiterbildungen dar. Sichern Sie unbedingt die Vertraulichkeit des Gespräches zu. So schaffen Sie eine entspanntere Atmoshäre. Gehen Sie dann nach und nach die offenen Punkte durch, die Sie beim Durchlesen der Bewerbung gefunden haben. Vielleicht Lücken im Lebenslauf oder Unklarheit über den derzeitige Aufgabenbereich des Bewerbers/der Bewerberin.  Führen Sie das Gespräch mit offenen Fragen. Geschlossene bzw. suggestive Fragen, also solche, welche nur mit ja oder nein beantwortet werden können, lassen ein Gespräch stocken.

Lassen Sie Ihr Gegenüber erzählen. Kommt es zu kleinen Pausen, warten Sie geduldig ab. Das zeigt Ihr Interesse an der Person. Ermuntern Sie durch weiterführende Fragen. Überlassen Sie ihr die Hauptredezeit. Hören Sie genau hin. Machen Sie sich Ihre eigenen Notizen – bitte auf einem gesonderten Blatt, welches schon in bestimmte Rubriken aufgeteilt ist. So haben Sie einen gleichbleibenden roten Faden vor sich und Ordnung durch systematisches Dokumentieren. Gehen Sie selbst offen auf alle Fragen seitens des Bewerbers/der Bewerberin ein.

Nach den Gesprächsterminen sichten Sie in Ruhe alle Unterlagen, Vergleichen Ihre Beobachtungen, Notizen und Eindrücke. Gehen Sie auch im bestehenden Team auf Ergründung der einzelnen Stärken. Versuchen Sie das „Hochleistungsteam“ geschickt zusammenzusetzen. Lassen Sie vielleicht auch die Ihrer Meinung nach geeignetsten Kandidaten Probe arbeiten.

Grundsätzlich eine gute Idee. Zu beachten ist allerdings, dass kostenloses Probearbeiten (mit Ausnahme von Personen, die Leistungen von der Agentur für Arbeit erhalten) nicht rechtmäßig ist. Entsprechende Vereinbarungen sind auch mit Einverständnis des Bewerbers unwirksam. Sobald der Bewerber in den Betriebsablauf eingebunden und Weisungen unterworfen ist, wird ein Arbeitsverhältnis mit der Verpflichtung der Zahlung eines angemessenen Entgelts begründet.

Lassen Sie sich zudem stets von Personen, die in Ihrer Praxis Probe arbeiten, eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben. Auch wenn, wie bereits erläutert, bereits vorvertraglich eine Verschwiegenheitspflicht besteht, so ist diese Erklärung bei tatsächlichem Umgang mit den sensiblen Patientendaten absolut notwendig, um die Praxis abzusichern und den Bewerbern klar zu machen, dass auch sie bereits der Schweigepflicht unterliegen.

Und vergessen Sie nicht, die Sondierung neuer Mitarbeiter ist erst der Anfang. Bestenfalls der Anfang eines stärkenorientierten Führungsstils.

Wie Absagen korrekt und rechtssicher zu erfolgen haben, lesen Sie in unserem vierten und letzten Teil dieser Serie.

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