Alle verwenden das Internet, aber längst nicht alle sind sich im Klaren, was sie dort tun. Ein klares No-Go ist mir in letzter Zeit unfreiwillig häufiger aufgefallen: Patient:innen kontaktieren die Praxis mit detaillierten Informationen über ihre Beschwerden oder mit Terminanfragen ausgerechnet über die Google Maps App auf ihrem Handy.
Die Kontaktfunktion in der Google Maps App
Zugegeben, diese Funktion ist in der Google Maps App recht gut versteckt. Sucht man über die Google Maps App nach einer bestimmten Praxis oder einem anderen Unternehmen, dann bekommt man eine seitwärts scrollbare Zeile mit Einträgen wie „Übersicht“, „Leistungen“, „Fotos“ und weiteren. Ganz rechts kommt „Info“.
In diesem Infobereich finden sich Adresse, Telefonnummer und andere Angaben. Und dazwischen, wenn die Funktion für den Nachrichtenempfang eingeschaltet ist, ist ein Eintrag „Kontakt aufnehmen„.
Wir haben in dem Beispielbild alle Identifikationsmöglichkeiten für die betroffene Praxis geschwärzt. Die Schaltfläche „Kontakt aufnehmen“ ist hier klar zu sehen.
Klickt man hierauf, wird man von einer einstellbaren automatischen Antwort begrüßt. Voreingestellt ist „Was kann ich für Sie tun?“, womöglich auch auf Englisch. Gepaart mit einem entsprechenden Foto entsteht sogar ggfs. der Eindruck, man wäre direkt mit der Praxis oder gar dem Arzt / der Ärztin verbunden. Und schon werden die Beschwerden detailliert erläutert. Die Hemmschwelle dürfte ausgeprägt niedrig sein.
Das Problem dabei: Natürlich ist niemand am anderen Ende sofort verfügbar. Und noch viel unangenehmer: wenn die Praxis den Maps-Eintrag gar nicht selbst verwaltet, sondern dies von einem Dienstleister wie z.B. uns getan wird, dann landet diese Anfrage auch oder sogar nur bei eben diesem Dienstleister, den das nun rein gar nichts angeht. Wir verwalten auch die Google Maps-Präsenzen verschiedener Praxen, für die wir SEO – Leistungen erbringen, und daher sind wir auf dieses mögliche Problem überhaupt aufmerksam geworden.
Es kommt noch schlimmer: Womöglich steht der Inhalt des Chats sogar Google zur Auswertung zur Verfügung. Anders als bei anderen Google-Produkten wird hier nämlich eine Verschlüsselung mit keiner Silbe erwähnt. Tatsächlich gibt es sogar Richtlinien für den Chat über Maps, in denen klar gesagt wird:
Beim Chatten mit Kunden dürfen Sie keine vertraulichen Informationen weitergeben oder anfordern. Dazu zählen beispielsweise:
– Kreditkartennummern
– Sozialversicherungs-, Pass- oder Personalausweisnummern
– Anmeldedaten wie Passwörter
Zum Schutz der Informationen Ihrer Kunden sollten Sie in Chats keine sensiblen Inhalte verwenden oder besprechen. Es ist grundsätzlich nicht gestattet, personenbezogene Daten auf eine Weise zu nutzen, der die andere Partei nicht zugestimmt hat.
https://support.google.com/business/answer/7506237#zippy=%2Cpersonenbezogene-und-vertrauliche-informationen-sch%C3%BCtzen
Das wissen natürlich Patient:innen nicht.
Google behält sich ausdrücklich vor, bei Zuwiderhandlung die Chatfunktion zu sperren. Und woher kann Google von einer solchen Zuwiderhandlung erfahren? Richtig, durch die Auswertung der Chat-Inhalte. Dass E-Mails von und an Google Mail-Adressen inhaltlich ausgewertet werden, ist schon länger bekannt, weshalb man Google Mail auch nicht für Gesundheitsdaten oder andere wichtige Dinge verwenden sollte. Oder lieber gleich ganz darauf verzichtet.
Besonders im Licht dessen, dass Gesundheitsdaten nach der DSGVO nunmal besonderem Schutz unterliegen und leider die Haftung dafür auf Seiten der Ärzte und Ärztinnen liegt, sollte man sich überlegen, ob man diese Funktion wirklich freischalten will. Und wenn, dann mit Fingerspitzengefühl.
Tipps zur Nutzung der Kontaktfunktion
Zunächst natürlich: Abschaltung bietet die größte Sicherheit. Voraussetzung hierfür und für die weiteren Tipps ist, dass Sie den Eintrag auf Google Maps auch selbst verwalten können. Hierzu müssen Sie in einem Browser Google öffnen und sich dort mit dem richtigen Konto einloggen. Die bisher verwendbare App „Google MyBusiness“ ist leider nicht mehr verfügbar, Google setzt jetzt auf eine sehr unübersichtliche Lösung mitten in den Suchergebnissen.
Suchen Sie also, eingeloggt mit dem korrekten Konto, nach Ihrer Praxis und dem Ort. Wenn rechts ein passender Google Maps-Eintrag erscheint und darin der Vermerk steht: „Dieses Unternehmensprofil wird von dir verwaltet“, dann findet sich auch folgende Leiste zwischen den Suchergebnissen:
Wenn Sie darauf drücken, erscheint entweder eine Möglichkeit, Chats zu aktivieren, falls die Chats in Ihrem Profil noch nicht aktiviert sind, oder anderenfalls ein Chatfenster, ggfs. mit laufenden Chats oder einem einleitenden Hinweis von Google.
Im Chatfenster befindet sich oben rechts ein Symbol mit drei Punkten. Wenn Sie darauf klicken, öffnet sich ein Menü, in dem Sie „Einstellungen“ auswählen können. Dann erscheint folgender Einstellungsdialog:
Oben kann die Chatfunktion deaktiviert werden. Darunter können Sie Lesebestätigungen aktivieren oder auch nicht.
Im dritten Abschnitt können Sie die Willkommensnachricht anpassen. Hier stehen leider nur 120 Zeichen zur Verfügung. Also ist nicht viel mehr als „Guten Tag. Dies ist ein automatischer Chat. Bitte nutzen Sie diesen Chat nicht für gesundheitliche Daten.“ möglich. Wir würden aber dringend dazu raten, so etwas hier anstelle des Standardtextes zu hinterlegen, damit klar ist, dass es keine Direktverbindung ins Behandlungszimmer ist.
Der vierte Punkt ist der Grund, weshalb diese Chatfunktion trotz allem interessant sein könnte: die Möglichkeit, auf bestimmte Fragen direkte Antworten in einem FAQ zu sammeln. Hier können Sie Fragen von bis zu 60 Zeichen formulieren, die der Anwender auswählen kann, und dazu können Sie wiederum Antworten von bis zu 500 Zeichen Länge formulieren.
Inwiefern dies eine für Sie nützliche Funktion darstellt, können wir nicht beurteilen. Wir würden empfehlen, die Chatfunktion abzuschalten, vor allem dann, wenn gar nicht Sie selbst, sondern ein Dienstleister wie wir Ihren Maps-Eintrag pflegt.
2 Antworten
Als jemand, der eine Arztpraxis finden möchte, finde ich es wichtig, verschiedene Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zu haben. Obwohl die Kontaktaufnahme über die Google Maps App möglicherweise nicht immer ideal ist, finde ich trotzdem, dass eine klare und leicht zugängliche Kontaktmöglichkeit angeboten werden sollte. Interessant, dass es ratsam ist, auf der Website der Arztpraxis oder in anderen Online-Verzeichnissen nach den genauen Kontaktdaten zu suchen, um eine direkte und effektive Kommunikation zu gewährleisten.
Natürlich sind Möglichkeiten der Kontaktaufnahme wichtig, aber diese ist, wie beschrieben, für keine der beiden Seiten wirklich offensichtlich. Unter den uns bekannten Praxen sind nur vergleichsweise wenige, die diesen Kanal tatsächlich kennen, geschweige denn aktiv nutzen. Neben dem gravierenden Datenschutzproblem, für das im Ernstfall der Arzt sogar mit haften dürfte, sorgt eine unbeantwortete Anfrage hier sicher für Unmut auf seiten des Patienten, der diesen Kommunikationsweg in der Regel falsch einschätzen dürfte.